Warum sind Frauen erfolgreicher in der Schule, Männer erfolgreicher im Beruf?


Christian hat heute einen Bericht in der Süddeutschen zum Anlass genommen, um den Beitrag Geschlechterstereotypes Verhalten kann hilfreich sein zu schreiben.
Ich will auf einen anderen Teil des Artikels eingehen:

Warum schreiben Mädchen Ihrer Meinung nach bessere Noten?

Das hat sicher mehrere Gründe. Biologische Faktoren spielen eine Rolle, aber auch die Erziehung. Mädchen werden häufig angepasster erzogen. Das zeigt sich in alltäglichen Dingen. Sie werden von klein auf – und sehr viel konsequenter als Jungen – dazu angehalten, ihr Zimmer aufzuräumen, und darauf zu achten, dass alles hübsch aussieht. Sie werden darin bestärkt, geduldig zu sein und sich konform zu verhalten. Das kommt ihnen in der Schule zugute. Mädchen bemühen sich um eine schöne Schrift, haben sauber geführte Hefte und machen, was von ihnen verlangt wird. Das wird von den Lehrern honoriert. Natürlich gibt es heute auch Mütter, die versuchen, gezielt gegenzusteuern. Aber viele sind eben auch noch sehr geprägt durch ihre eigene Erziehung. Das trägt unter anderem dazu bei, dass Mädchen perfekt durchs System Schule laufen.

Aber sind sie auch gut aufs Leben vorbereitet?

Das ist das Problem: Sich auf die schulischen Herausforderungen perfekt einstellen zu können, ist Fluch und Segen zugleich. Segen, weil Mädchen mit dieser Fähigkeit in der Regel gut durchkommen bis zum Abschluss. Fluch weil sie nicht lernen, den Mund aufzumachen und ihren eigenen Kopf durchzusetzen. Im Gegenteil, sie erhalten Bestätigung fürs Angepasstsein.

Wenn das so stimmt, dann erklärt sich ganz schnell, warum Frauen eben nicht so erfolgreich oder eben auch nicht so versagend im späteren Berufsleben sind. Das hat dann nämlich nichts mit irgendwelcher Diskriminierung von Frauen zu tun, sondern damit, dass Mädchen anders erzogen werden. Konformität macht sich in der Schule bezahlt, in der Wirtschaft zu einem gewissen Teil auch. Aber eben nur zum Teil. Es fängt bei Gehaltsverhandlungen an. Mehr Geld bekomme ich nicht, wenn ich mich konform zur Position meines Verhandlungspartners verhalte. Es geht weiter in der Karriere. Ein sich konform verhaltender Mensch wird nicht anecken, aber eben auch nur schwerer weiterkommen. Geht es weiter zur Unternehmensgründung wird ein konformer Mensch, der Dinge und Grenzen nicht in Frage stellt auch nie Aussergewöhnliches erreichen.
Der Weg, um Repräsentanz von Frauen in den Chefetagen zu erzeugen wäre dann, unseren Töchtern mehr Rebellion beizubringen. Nebenbei würden wir dann noch weitere Prozente des Gender Pay Gaps abknabbern.
Non Scholae sed vitae discimus….

Ein Gedanke zu „Warum sind Frauen erfolgreicher in der Schule, Männer erfolgreicher im Beruf?

  1. Rein anekdotisch kann ich die Erklärung bestätigen. Ich hab in meiner Schulzeit viel Mathenachhilfe gegeben.

    Die (schlechten, die guten haben logischerweise keine Nachhilfe genommen) Mädchen waren relativ gut darin, das Schema der Aufgabe anhand der Unterrichskonventionen zu erkennen und zu wiederholen, also, wenn die Aufgabe im Prinzip gleich einer der Übungsaufgaben mit anderen Zahlen war konnten sie erstaunlich genau das Muster wiederholen.
    Hier war die Herausforderung meist, dem Schüler klarzumachen, dass es ziemlich egal ist, dass man die Aufgabe „lösen“ kann, wenn man sie nicht versteht, weil man dann schon bei einer Simplen Textaufgabe nicht mehr weiterkommt. Also das „für die nächste arbeit“-Lernen auszutreiben.

    Die (auch wieder: schlechten) Jungen haben diesen Weg eigentlich nie versucht. Nicht bewusst, es wirkte auf mich so, als wäre dieser Weg einfach nicht in der Liste der Optionen gewesen, bzw nur als inkonsequente Version eines Spickzettels, den man dann lieber machen würde. Die Herausforderung bei ihnen war meist eher, sie dazu zu bringen, einem zu glauben, dass es sich auszahlt, die (meist vernachlässigten) Grundlagen so lange zu wiederholen, bis sie sicher genug sind, dass sich der „höhere“ Krams sich ergibt. Also, ihnen quasi vertrauen in die Investition in sich selbst zu geben.

    Gerade bei Mathe kann man die Konsequenzen oft noch innerhalb der Schulzeit sehen. „Muster erkennen“ klappt ab einer bestimmten schwierigkeit der Mathematik tatsächlich nur noch über die Mathematik selber und nicht mehr über die „sozialen konventionen“.
    Im Abi sackte der Notenspiegel der Mädchen bei Mathe gehörig (wobei da natürlich auch der selection bias drinsteckt, denn vielen Jungen sind pessimistischer bzgl des Abis gewesen und haben es nicht probiert).

    Mein Eindruck ist, dass es Jungen generell schwerer fällt, Aufgaben ohne ein objektives „Fertig“ zu erledigen (also eines, wo „die Realität“ der Test ist: das Auto fährt, das Programm läuft, der Schuppen steht).

    Diese Einstellung ist in der Arbeitswelt ein Fluch und ein Segen: die ertragreicheren Jobs sind die, wo genau diese Fertigkeit gefragt ist. die „normalen“ Jobs sind die, wo diese Fertigkeit bestraft wird. Insofern hat man „im Berufsleben“ imho einen doppeten Bias: diejenigen, die nicht klarkommen, bleiben nicht auf niedrigem Level hängen, sondern fallen raus (tun nicht, was man verlangt).

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